Künstliches Auge
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David V.  

Künstliches Auge: Neuralinks Blindsight-Revolution steht bevor

Stell dir vor, du könntest nach Jahren der Blindheit wieder sehen – nicht durch neue Augen, sondern durch ein künstliches Auge in Form eines Chips in deinem Gehirn. Elon Musks Neuralink entwickelt genau das: „Blindsight“, eine Technologie, die Kameras direkt mit deinem visuellen Cortex verbindet. Im September 2024 erhielt das Projekt die FDA-Breakthrough-Bezeichnung – ein wichtiger Meilenstein für bionische Augen. Doch kann die Technologie wirklich halten, was Musk verspricht?

So funktioniert das bionische Auge von Neuralink

Blindsight umgeht komplett deine natürlichen Augen und Sehnerven. Ein münzgroßer N1-Chip mit über 3000 hauchdünnen Elektroden (nur 4-6 Mikrometer dick!) wird direkt in deinen visuellen Cortex implantiert. Diese Elektroden stimulieren deine Gehirnzellen und erzeugen Bilder – theoretisch selbst wenn deine Augen komplett zerstört sind.

Der Chip verarbeitet 200 Megabit Daten pro Sekunde von externen Kameras und überträgt alles drahtlos per Bluetooth. Keine Kabel, keine externen Batterien – alles lädt sich induktiv auf wie dein Smartphone. Der entscheidende Vorteil dieses künstlichen Auges: Während andere Systeme intakte Sehnerven benötigen, könnte Blindsight jedem helfen, dessen visueller Cortex noch funktioniert. Das betrifft Millionen Menschen weltweit, die bisher keine Hoffnung hatten.

Die Realität hinter dem Hype ums künstliche Auge

Die FDA-Auszeichnung bedeutet nicht, dass das bionische Auge sicher oder wirksam ist – sie beschleunigt nur die Prüfung. Tatsächlich lehnte die Behörde 2022 Neuralinks ersten Antrag wegen massiver Sicherheitsbedenken ab. Die Realität zeigt sich bei den ersten Patienten: Bei Noland Arbaugh versagten 85 % der Elektroden nach wenigen Wochen – sie lösten sich vom Hirngewebe.

Während Musk von „übermenschlichem Sehen“ mit Infrarot und Radar spricht, urteilen Experten nüchtern: „Blindsight wird mit Sicherheit enttäuschen“ (IEEE Spectrum). Der Grund ist simpel: Natürliches Sehen nutzt eine Million parallele Informationskanäle – aktuelle Chips schaffen nur einige Tausend. Das Ergebnis sind bestenfalls grobe Lichtpunkte, keine HD-Bilder. Die ersten Tests für dieses künstliche Auge sollen Ende 2025 in den Vereinigten Arabischen Emiraten starten.

Andere bionische Augen sind bereits im Einsatz

Science Corporation behandelte bereits 38 Patienten erfolgreich – diese können wieder Bücher lesen und Gesichter erkennen. Ihr Prima-System stimuliert die Netzhaut statt des Gehirns, ist weniger invasiv und funktioniert nachweislich. Das neue Science Eye verspricht sogar 16 000 Pixel auf 2 Millimetern – achtmal schärfer als ein iPhone.

Der Unterschied? Retinale Systeme sind bewährt, cortikale wie Blindsight experimentell. Second Sights Argus II half über 100 Patienten mit bionischen Augen, bevor die Firma 2020 pleiteging – die Patienten verloren Support und wurden teilweise wieder blind. Diese Geschichte zeigt: Nicht die Technologie allein entscheidet, sondern auch die langfristige Unternehmensführung. Bei geschätzten 50.000 Dollar pro künstlichem Auge droht zudem eine Zwei-Klassen-Medizin.

Die Zukunft des Sehens: Was dich wirklich erwartet

Vergiss Science-Fiction-Versprechen – realistisch wird das künstliche Auge in den nächsten Jahren grundlegende Orientierung ermöglichen: große Objekte erkennen, dich in bekannten Räumen bewegen, grobe Formen unterscheiden. Für viele Blinde wäre das revolutionär, auch wenn es weit von normalem Sehen entfernt bliebe.

Die ethischen Fragen sind brisant: Wem gehören deine Gehirndaten? Was passiert bei einem Hackerangriff auf dein bionisches Auge? Chile hat bereits „Neurorechte“ in die Verfassung aufgenommen – ein Zeichen, wie ernst diese Fragen sind. Die Technologie könnte eine neue Klassengesellschaft schaffen: die „Verbesserten“ und die „Normalen“. Dennoch: Für 36 Millionen schwer Sehbehinderte weltweit wäre selbst bescheidener Fortschritt lebensverändernd.

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Fazit

Das künstliche Auge von Neuralink ist beeindruckende Ingenieurskunst mit echtem Potenzial – aber zwischen Musks Versprechen und der Realität liegt eine gewaltige Kluft. Die kommenden Tests werden zeigen, ob bionische Augen ein Durchbruch werden oder nur ein weiterer gescheiterter Versuch.

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